Die Generaldirektion war das organisatorische Herzstück des Staatszirkus der DDR. Hier wurden Programme geplant, Tourneen koordiniert und die internationale Zusammenarbeit gestaltet. Diese Seite gibt Einblick in Struktur, Geschichte und Aufgaben dieser besonderen Leitungsebene.
Die Generaldirektion – Zentrale Steuerung eines Kulturbetriebs
Mit dem Zusammenschluss der reisenden Zirkusbetriebe 1960 entstand die Notwendigkeit einer übergeordneten Leitung. Die Antwort darauf war die Einrichtung der Generaldirektion des VEB Zentral-Zirkus – das organisatorische Herzstück des DDR-Zirkuswesens.
Standorte der Generaldirektion
Die Generaldirektion hatte ihren ersten Sitz in der Otto-Nuschke-Straße 51 in Berlin W 8. Von 1967 bis 1968 war sie in der Prenzlauer Straße 47a untergebracht, bevor sie 1968 in die Hessische Straße 11–12 in 1040 Berlin umzog.
Leitung und Kontinuität
Otto Netzker leitete als Generaldirektor von 1960 bis zu seinem altersbedingten Ausscheiden im Jahr 1986 die Geschicke des Unternehmens. Ihm folgte Gerhard Klauß, zuvor Direktor für Internationale Beziehungen und ab 1986 erster Stellvertreter des Generaldirektors. Er führte das Amt bis zur Auflösung der Generaldirektion im Jahr 1990.
Aufgaben und Zuständigkeiten
Die Generaldirektion war weit mehr als eine Verwaltung. Zu ihren zentralen Aufgaben gehörten:
die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit für das gesamte Unternehmen
die Entwicklung neuer Darbietungen und Programmkonzepte
technische Innovationen und deren Umsetzung in den Betriebsabläufen
die Pflege und Organisation internationaler Kontakte und Gastspiele
Darüber hinaus übertrug das Ministerium für Kultur der DDR zusätzliche Aufgaben an die Generaldirektion, darunter:
Genehmigung und Kontrolle des Spielwesens (z. B. Warenausspielgeschäfte, Spielautomaten)
zentrale Tourneeplanung für Lizenzzirkusse innerhalb der DDR
Entwicklung und Vermittlung von Attraktionen für Volksfeste
Die Generaldirektion war damit nicht nur Verwaltungsapparat, sondern prägte maßgeblich das kulturelle Erscheinungsbild des DDR-Zirkus – inhaltlich, technisch und international.
Links das Gebäude in der heutigen Jägerstraße 51 (bis 1991: Otto-Nuschke-Straße) in Berlin-Mitte, der erste Dienstsitz der Direktion des VEB Zentral-Zirkus. Daneben das Bürogebäude in der Hessischen Straße 11-12, in dem die Generaldirektion seit 1968 ihren Sitz hatte. Kein Foto gibt es aus der Prenzlauer Straße, diese existiert in ihrer damaligen Form heute nicht mehr und Hausnummern lassen sich dementsprechend nicht identifizieren.
Struktur und Gliederung der Generaldirektion
Hierarchisch war die Generaldirektion in Direktionsbereiche und Fachgebiete gegliedert und beschäftigte im Jahr 1990 ca. 50 Mitarbeiter in folgenden Funktionen und Positionen:
Leitung des Staatszirkus der DDR
Gerhard Klauß
Generaldirektor
Dietmar Winkler
Leiter
Fachgebiet Informations- und Öffentlichkeitsarbeit/Pressestelle
Günter Schmidt
Fachgebietsleiter
Fachgebiet Arbeitsschutz und technische Sicherheit
Inge Sakowsky
Stellvertreter des Generaldirektors
Dieter Wulff
Fachgebietsleiter
Fachgebiet Spielwesen
Hermann Stielke
Fachgebietsleiter
Fachgebiet für Produktionsorganisation von Ausrüstungen für Erholungsparks & -zentren
Direktionsbereich Künstlerische Produktion
Hans-Jürgen Fischer
Direktor Künstlerische Produktion
Manfred Schölzel
Fachgebietsleiter
Fachgebiet Dressuren/Clownerie
Gerhard Zimmermann
Fachgebietsleiter (bis 1986)
Direktionsbereich Internationale Beziehungen und Agentur
Andreas Lehnig
Direktor Internationale Beziehungen und Agentur
Wilfried Hanika
Fachgebietsleiter
Fachgebiet Organisation/Agentur
Ingelore Otto
Fachgebietsleiterin
Fachgebiet Reisestelle
Direktionsbereich Ökonomie
Armin Gerber
Direktor Ökonomie
Eva-Maria Stoll
Fachgebietsleiterin
Fachgebiet Planung
Eckard Steinbrecher
Fachgebietsleiter
Fachgebiet Arbeitsökonomie/Arbeitsrecht
Direktionsbereich Technik und materiell-technische Versorgung (MTV)
Eckard Buhler
Direktor Technik und materiell-technische Versorgung (MTV)
Uwe Sauer
Bereichsleiter
Bereich Technik
Siegfried Schielke
Bereichsleiter
Bereich Verwaltung und Betreuung
Reinhard Erck
Bereichsleiter
Bereich Beschaffung und Absatz
Direktionsbereich Kader/Bildung
Günter Steinacker
Direktor Kader und Bildung
Wolf-Dieter Stoll
Fachgebietsleiter
Fachgebiet Aus- und Weiterbildung
Brigitte Henning
Fachgebietsleiterin
Fachgebiet Kader/Personalfragen
Hauptbuchhalterbereich
Gerhard Große
Hauptbuchhalter
Manfred Hannemann
Fachgebietsleiter
Fachgebiet Finanzrechnung
Bodo Liese
Fachgebietsleiter
Fachgebiet Betriebsabrechnung
Norbert Uhe
Fachgebietsleiter
Fachgebiet Innenrevision/Betriebskontrolle
Betriebsgewerkschaftsleitung
Leopold Begemeier
BGL-Vorsitzender
Traditionsmarsch des Staatszirkus der DDR
Der „Gerhard-Klauß-Marsch“ – Klang gewordene Zirkusgeschichte
Der von einem der profiliertesten Komponisten der DDR, Walter Kubiczeck (im Foto links mit Gerhard Klauß, 1995), geschaffene „Traditionsmarsch“ war über viele Jahre hinweg das akustische Erkennungszeichen des Staatszirkus der DDR. Ob bei Paraden oder im großen Finale – diese kraftvolle Komposition begleitete stets den feierlichen Höhepunkt jeder Vorstellung.
Im Zuge der politischen Wende und der damit verbundenen Auflösung der AWA (Anstalt zur Wahrung der Aufführungs- und Vervielfältigungsrechte auf dem Gebiet der Musik) wurden viele Werke neu bei der GEMA angemeldet. Zu diesem Anlass gab Kubiczeck dem Marsch im Jahr 1993 überraschend einen neuen Titel – als persönliche Würdigung seines langjährigen Weggefährten: „Gerhard-Klauß-Marsch“.
1997 erschien das Stück zusammen mit zwei weiteren Kompositionen von Walter Kubiczeck auf der CD „Circus, Circus – Musik der Berliner Circus Union“, veröffentlicht vom Berliner Label Edition BARBArossa.
Wir danken den Erben Walter Kubiczecks herzlich für die freundliche Genehmigung, dieses besondere Musikstück auf unserem Onlineportal präsentieren zu dürfen.
Jetzt reinhören: Der legendäre "Gerhard-Klauß-Marsch", komponiert von Walter Kubiczeck – das klangliche Herzstück des Staatszirkus der DDR.
Fotogalerien Generaldirektion
Glückwünsche an Gerhard Klauß
Anlässlich seiner Ernennung zum Generaldirektor im Januar 1987 erreichten Gerhard Klauß eine Vielzahl von Glückwünschen aus dem In- und Ausland, u.a. von den „Esperantos“, von Martina Schurig und Heinz Quermann, von Gerd Siemoneit-Barum, vom Kombinat DEUTRANS, von Heidi und Rudolf Born sowie von Aurel Iosefini (Generaldirektor Rumänischer Staatszirkus, Bukarest), die wir hier mit freundlicher Genehmigung als Auswahl zeigen können.
Staatliche und gesellschaftliche Auszeichnungen im Staatszirkus der DDR
a) des Betriebes
Vaterländischer Verdienstorden in Silber 1974
Vaterländischer Verdienstorden in Gold 1978
Kunstpreis des FDGB 1984
Wanderfahne des Ministerrates und des Bundesvorstandes des FDGB für hervorragende Leistungen im sozialistischen Wettbewerb 1981
Auszeichnung im sozialistischen Wettbewerb
der Künstler und Kulturschaffenden 1979, 1980, 1981, 1982
Goldener Lorbeer des Fernsehens der DDR 1975
b) von Kollektiven und Einzelpersonen
Nationalpreis III. Klasse für Kunst und Literatur
ein Dresseurkollektiv mit Ursula Böttcher, Hanno Coldam, Siegfried Gronau und
Gerhard Quaiser 1980
Kunstpreis der DDR
Hermann Ullmann, Dresseur 1963
Hanno Coldam, Dresseur 1965
Helmut Rudat, Dresseur 1971
Die Baltos, Kugeläquilibristen 1972
Mario Turra, Künstlerischer Direktor 1973
Ursula Böttcher, Dresseuse 1974
Siegfried Gronau, Dresseur 1976
Erhard und Christiane Samel, Dresseure 1978
Gerhard Quaiser, Dresseur 1979
Günter Dorning, Dresseur 1983
Hasso Mettin, Dresseur 1985
Uwe Schwichtenberg, Dresseur 1986
Folker und Roswitha Triebsees, Artisten/Dresseure 1987
Vaterländischer Verdienstorden
in Bronze
Otto Netzker, Generaldirektor 1971
Alfred Schacht, ehem. Kaderleiter 1979
in Silber
Otto Netzker, Generaldirektor 1981
in Gold
Otto Netzker, Generaldirektor 1986
Orden „Banner der Arbeit“
Stufe II
ein Kollektiv von Mitarbeitern mit
Karl Adolph, Spielleiter
Manfred Baum, Leiter Betriebsschutz
Hans Bernsdorf, Direktor Zirkus Berolina
Adolph Graeber, Spielleiter
Helga Gronau, Vorführerin
Paul Heinrich, Orchesterleiter
Rolf Liebing, Werbeleiter
Regina Matloch, Vorführerin
Herbert Oertel, Handwerker
Herbert Sattinger, Meister
Alexander Scheel, Fachgebietsleiter
Franz Schneider, Leiter Materialwirtschaft
Ruthard Tamschik, Stallmeister 1978
Monika Mettin, Dresseurin 1985
Stufe III
Die Passadenas, Hängeperchedarbietung 1986
Verdienstmedaille der DDR
Otto Netzker, Generaldirektor 1963
Heinz Lorz, Direktor Zirkus Busch 1969
Horst Schulz, ehem. Technischer Direktor 1969
Walter Stolp, Direktor Zirkus Aeros 1971
Heinz Werner, ehem. Direktor Zirkus Berolina 1970
Mario Turra, Künstlerischer Direktor 1972
Hans Bernsdorf, Direktor Zirkus Berolina 1974
Margot Franke, Gewandmeisterin 1977
Anneliese Pluscher, Gewandmeisterin 1977
Günter Hecht, Artist 1978
Helmut Hahmann, Ökonomischer Direktor 1980
Lothar Reif, Technischer Direktor 1982
Gerhard Klauß, stellv. Generaldirektor 1986
Ursula Böttcher, Dresseuse 1987
Armin Gerber, Ökonomischer Direktor 1988
Kunstpreis der FDJ
Skylights, Fußleiteräquilibristik 1988
Kurt-Barthel-Medaille
Hans Bernsdorf, Direktor Zirkus Berolina 1987
Verdienter Meister
Alfred Heymann, Kfz.-Meister Zirkus Aeros 1988
Verdienter Aktivist
Otto Netzker Generaldirektor 1969
Johannes Preißer, Hauptbuchhalter 1974
Werner Kaiser, ehem. Leiter des Winterquartiers 1976
Alfred Schacht, ehem. Kaderleiter 1977
Michael Berger, Betriebsleiter Twister I 1988
Artur-Becker-Medaille in Silber
Werner Kaiser, ehem. Leiter des Winterquartiers 1979
Werner Weber, Produktionsleiter 1979
Goldene Ehrennadel der DSF
Otto Netzker, Generaldirektor 1970
Ehrenmitglieder des Staatszirkus der DDR
Allewathegomme Pallegiddere Puntha (Epi) Vidane, Dresseur
Hermann Ullmann, Dresseur
Johannes Preißer, Hauptbuchhalter
Alfred Schacht, Kaderleiter
Alexander Scheel, Fachgebietsleiter
Otto Netzker, Generaldirektor
Adolph (Adi) Graeber, Spielleiter
Paul Heinrich, Orchesterleiter
Gerhard Quaiser, Dresseur
Helmut Hahmann, Ökonomischer Leiter
Mario Turra, Künstlerischer Direktor
(Zusammengestellt von Dietmar Winkler, Berlin 2021)
Ehrennadeln und Ehrenmitglieder des Staatszirkus der DDR
Schon kurz nach der Gründung des VEB Zentral-Zirkus wurde im Betriebskollektivvertrag (BKV) von 1962 festgelegt, dass langjährig tätige Mitarbeiter für ihre Treue zum Betrieb zu ehren sind. Das geschah nach mindestens dreijähriger ununterbrochener Betriebszugehörigkeit mit der Bronzenadel und für zehnjährige ununterbrochene Betriebszugehörigkeit wurde die Silbernadel überreicht. Die Goldnadel wurde per Sonderentscheidung verliehen, die Regularien dazu sind erstmalig im BKV von 1976 veröffentlicht.
Die Ehrennadeln wurden jeweils passend zum Signet des Gesamtbetriebes gestaltet und trugen in der ersten Epoche (1960-1980) die künstlerische Handschrift von Kurt Koberstaedt, in der zweiten Epoche (1980-1986) die von Alexander Scheel und in der dritten und letzten Epoche (1987-1990) zeichnete Wolfgang Brock für die Gestaltung verantwortlich.
Eine kleine Episode noch zur Goldenen Ehrennadel der ersten Generation: Mit Fug und Recht als eines der heute seltensten und – im Wortsinn – wertvollsten Exponate darf diese bezeichnet werden. Sie ist auf dem ersten Bild in der unteren Reihe zu sehen.
Durch ein Missverständnis bei der Bestellung wurden eine erste Charge von ca. 10-15 Exemplaren in der Gold- und Silberschmiede Köthen in 333er Echtgold (rückseitig gestempelt) hergestellt. Nachdem der Fehler bemerkt wurde, ist die Fertigung sofort eingestellt worden und ein wesentlich preisgünstigeres Nachfolgemodell aus dem VEB Prägewerk Markneukirchen – der Ordensschmiede der DDR – kam in den Umlauf.
Für besonders verdienstvolle Mitarbeiter bestand die Möglichkeit, sie durch den Generaldirektor zu „Ehrenmitgliedern des VEB Zentral-Zirkus/Staatszirkus der DDR“ ernennen zu lassen. Gerade einmal 11 Namen kennt die Aufzählung der Ehrenmitglieder in der obigen Auszeichnungsliste.
Die Voraussetzungen für diese höchste Ehrung durch den Betrieb wurden mit der „Ordnung über die Ernennung von Ehrenmitgliedern des VEB Zentral-Zirkus“ geschaffen, die am 22. Mai 1970 in Kraft trat (zum Lesen anklicken).
Nacht der Prominenten

Veranstaltungen unter dem Namen „Nacht der Prominenten“ gab es bereits seit den frühen 1960-er Jahren in eigener Verantwortung und Organisation durch die Reisezirkusse.
Populär wurde die Veranstaltung ab Beginn der 1970-er Jahre und fortan gehörte sie lange Zeit traditionell zu Weihnachten. Produziert wurde sie von 1972 bis – mit Unterbrechungen – 1990 vom Fernsehen der DDR/DFF Deutscher Fernsehfunk in Kooperation mit dem VEB Zentral-Zirkus/Staatszirkus der DDR. Diese Fernsehsendung war angelehnt an das Format „Stars in der Manege“ der westdeutschen ARD und vereinte Zirkuskünstler zusammen mit Sängern, Schauspielern, Sportlern und Bühnenkünstlern in der Manege. Aufgezeichnet wurde in einem Chapiteau des Betriebes, das im Objekt II des Winterquartiers in Dahlwitz-Hoppegarten aufgebaut wurde.
Die ICESTORM Entertainment GmbH hat 2013 eine 5-DVD-Box (als Neuware nur noch selten zu bekommen) mit insgesamt über 19 Stunden Laufzeit veröffentlicht, in der alle im Babelsberger Archiv überlieferten Aufzeichnungen von 1972, 1973, 1974, 1975, 1976, 1980, 1962, 1985 und 1987 enthalten sind. Für die letzte Produktion des DFF Deutscher Fernsehfunk in Kooperation mit dem Zirkus Busch aus dem Jahr 1990 ist die Rechtesituation ungeklärt und es gibt leider keine frei verfügbare Aufzeichnung davon.